I. EINFÜHRUNG
Die strafrechtlichen Bestimmungen in Bezug auf die Verletzung von Markenrechten sind in Artikel 30 des Gesetzes Nr. 6769 über Geistiges Eigentum („SMK„) unter dem Titel „Strafrechtliche Bestimmungen zur Verletzung von Markenrechten“ geregelt.
In Artikel 30/1 des SMK wird das unbefugte Nachahmen oder Fälschen einer fremden Marke durch Herstellung von Waren, Anbieten von Dienstleistungen, Angebot zum Verkauf oder Verkauf, Import oder Export, sowie der gewerbliche Erwerb, Besitz, Transport oder Lagerung geregelt. Artikel 30/2 verbietet das unbefugte Entfernen des Schutzzeichens einer Marke von der Ware oder Verpackung. Artikel 30/3 verbietet es, ohne Erlaubnis über ein fremdes Markenrecht zu verfügen, es zu übertragen, zu lizenzieren oder zu verpfänden.
In diesem Artikel, den wir als „Markenrechtsverletzungsdelikt“ bezeichnen, wird zunächst die historische Entwicklung des Markenrechtsverletzungsdelikts in unserem Land behandelt. Anschließend wird das Konzept der Marke und der Unterschied zwischen dem Delikt der Markenrechtsverletzung und dem in Artikel 62 des Handelsgesetzbuches Nr. 6102 („TTK„) geregelten Delikt des „unlauteren Wettbewerbs“ erläutert. Danach wird das in Artikel 30/1 des SMK geregelte Delikt unter Berücksichtigung seiner Elemente behandelt und in Bezug auf Beschwerderecht, Beschwerdefrist, Regelungen zur Reue untersucht. Schließlich wird auf Sicherheitsmaßnahmen eingegangen, die im Falle einer Begehung durch eine juristische Person angewandt werden.
Die in Artikel 30/2 und 30/3 des SMK geregelten Delikte, nämlich das unbefugte Entfernen des Schutzzeichens von der Ware oder Verpackung sowie das Verfügen über fremde Markenrechte ohne Erlaubnis, werden in diesem Artikel nicht behandelt.
II. DIE HISTORISCHE ENTWICKLUNG DER MARKENRECHTSVERLETZUNG IN DER TÜRKEI
Die ersten internationalen Regelungen zum Markenschutz begannen 1995 mit dem Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums („TRIPS“), das die Vertragsstaaten verpflichtete, ihre Markenrechtsvorschriften an diese Regelung anzupassen.
Im Laufe der Jahre wurde das Markenrecht im Rahmen der Arbeiten des Europäischen Parlaments und des Rates mehrfach geändert, zuletzt trat die neue Markenverordnung 2017/1001 in Kraft. Auch in der Türkei wurde das Markenrecht stark von diesen Änderungen beeinflusst, und der Gesetzgeber hat in diesem Sinne wesentliche Änderungen im Markenrechtsteil des SMK vorgenommen. [1]
Mit der Aufhebung des Dekrets Nr. 556 zum Schutz von Marken durch Artikel 191 des SMK Nr. 6769, das am 22.12.2016 in Kraft trat, endete die Ära der Dekretgesetze im türkischen Markenrecht. Die strafrechtlichen Sanktionen zum Schutz der Marken wurden entsprechend dem Grundsatz der Legalität in das Gesetz aufgenommen.
III. UNTERSCHIEDE ZWISCHEN MARKENRECHTSVERLETZUNG UND UNLAUTEREM WETTBEWERB
Zur strafrechtlichen Verfolgung einer Markenrechtsverletzung ist eine Markeneintragung nicht zwingend erforderlich; jedoch ist eine Eintragung für den Nachweis des Markenrechts, den Schutz vor Verletzungen und die Feststellung der anwendbaren gesetzlichen Regelungen von Bedeutung.
Gemäß Artikel 30/5 des SMK ist für die strafrechtliche Verfolgung einer Markenrechtsverletzung eine Markeneintragung in der Türkei erforderlich: „Für eine strafrechtliche Sanktionierung der in diesem Artikel genannten Delikte muss die Marke in der Türkei eingetragen sein.“
Nicht eingetragene oder nicht in der Türkei registrierte Marken werden durch die allgemeinen Vorschriften des TTK zum unlauteren Wettbewerb geschützt.
Artikel 55/4 des TTK zählt die Herstellung von Nachahmungen als Beispiel für unlauteren Wettbewerb auf: „Maßnahmen, die zu einer Verwechslung mit Waren, Dienstleistungen oder Aktivitäten anderer führen…“. Artikel 62 des TTK legt fest, dass diese Handlungen mit bis zu zwei Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft werden.
Zusammenfassend ist die Markeneintragung nicht für den Schutz der Marke an sich, sondern für die Bestimmung des anwendbaren Rechtsrahmens von Bedeutung. Wenn eine Marke in der Türkei eingetragen ist, wird sie nach dem SMK geschützt; andernfalls gelten die allgemeinen Vorschriften des TTK. [2]
IV. BEGRIFFE DER NACHAHMUNG UND VERWECHSLUNG
Wie bereits erwähnt, sind die Handlungen, die zur Begehung des Delikts der Markenrechtsverletzung führen, in Artikel 30/1 des SMK aufgeführt. Demnach sind Nachahmungs- und Verwechslungsdelikte als strafbare Handlungen geregelt.
Vor der Betrachtung der Tatbestandsmerkmale ist es sinnvoll, die Begriffe Nachahmung und Verwechslung zu erläutern. Nachahmung bedeutet die exakte Kopie einer Marke, während Verwechslung das Durchführen von Handlungen beschreibt, die zu einer Verwechslungsgefahr mit der Originalmarke führen.
V. STRAFBESTANDSMERKMALE
Der in Artikel 30/1 des SMK geregelte Straftatbestand ist ein Wahldelikt, sodass bereits eine der gesetzlich aufgeführten Handlungen durch den Täter für die Vollendung des Delikts ausreichend ist.
Demnach reicht es aus, wenn eine der folgenden Handlungen durch den Täter vorgenommen wird: Herstellung, Angebot, Verkauf, Import oder Export von Waren, Erwerb, Besitz oder Lagerung zu kommerziellen Zwecken unter Verletzung der Markenrechte durch Nachahmung oder Verwechslung.
Für die Vollendung des Delikts ist der Eintritt eines Schadens nicht erforderlich, weshalb es sich bei der Markenrechtsverletzung um ein Gefährdungsdelikt handelt. Mit anderen Worten, ein materieller Schaden für den Geschädigten ist nicht notwendig.
In Bezug auf das subjektive Tatbestandsmerkmal ist ein allgemeiner Vorsatz ausreichend; ein besonderer Vorsatz ist nicht erforderlich. Wie bereits erwähnt, muss der Täter die gesetzlich definierten Handlungen der Nachahmung oder Verwechslung begehen.
Die Sanktion für dieses Delikt ist mit Freiheitsstrafe von einem bis drei Jahren und einer Geldstrafe von bis zu zwanzigtausend Tagessätzen festgelegt. Gemäß Artikel 30/7 des SMK wird jedoch bei wirksamer Reue keine Strafe verhängt, wenn der Täter den Ursprung der gefälschten Waren offenlegt und somit die Produzenten ermittelt und die Waren sichergestellt werden können.
Die ständige Rechtsprechung des Kassationshofs besagt jedoch, dass allein die Offenlegung des Ursprungs der Waren nicht ausreicht. Es muss zudem eine Sicherstellung der Waren erfolgen.[3]
Hinsichtlich des Beschwerderechts und der Verjährungsfrist unterliegt das Delikt der Markenrechtsverletzung gemäß Artikel 30/6 des SMK der Beschwerde, und gemäß Artikel 73/1-2 des TCK muss die Beschwerde innerhalb von sechs Monaten nach Kenntnis von Täter und Tat erfolgen.
Artikel 30/4 des SMK regelt, dass für Straftaten, die durch juristische Personen begangen werden, spezielle Sicherheitsmaßnahmen nach allgemeinen Vorschriften angewendet werden.
Da das SMK keine spezifischen Sicherheitsmaßnahmen für juristische Personen vorsieht, sind die allgemeinen Bestimmungen des TCK in Artikel 60 zu berücksichtigen.
Gemäß Artikel 60 des TCK kann bei vorsätzlichen Straftaten, die im Rahmen der Tätigkeit einer privaten juristischen Person mit behördlicher Genehmigung begangen werden, die Genehmigung widerrufen und die mit der Straftat verbundenen Vermögenswerte eingezogen werden.
VI. SCHLUSSFOLGERUNG
In diesem Artikel wurden die historische Entwicklung des Delikts der Markenrechtsverletzung, die Definition der Marke und die Unterschiede zwischen Markenrechtsverletzung und unlauterem Wettbewerb behandelt. Ebenso wurden die Begriffe Nachahmung und Verwechslung erläutert sowie die Elemente des Delikts und die relevanten strafrechtlichen Bestimmungen untersucht. Abschließend wurden die speziellen Sicherheitsmaßnahmen für juristische Personen erörtert.
Aus der Analyse aller genannten Punkte wird deutlich, dass der strafrechtliche Schutz von Markenrechten für die wirtschaftliche, soziale und kommerzielle Kontinuität von entscheidender Bedeutung ist. Es ist notwendig, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Vorschriften erneut prüft, um neue Entwicklungen und Herausforderungen zu berücksichtigen.
Verfasst von: B. Batuhan Birtane, Senior Associate
[1] Mustafa Öksüz, Türkische Anwaltskammer Zeitschrift, 2021, Die Folgen der Markenrechtsverletzung, Ausgabe: 156, S. 303.
[2] Oberster Gerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2007, 2007/11-965 E., 2007/961 K.: „Die unbefugte Nutzung einer Marke stellt im Fall einer nicht eingetragenen Marke einen unlauteren Wettbewerb und im Fall einer eingetragenen Marke eine Markenrechtsverletzung dar“
[3] Oberster Strafgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2020, 2020/19-167 E., 2020/444 K.: „Für die Anwendung der Reuebestimmungen muss der Täter nicht nur den Ursprung der gefälschten Waren offenlegen, sondern auch die Produzenten ermittelt und die Waren sichergestellt werden.“